Aktienrückkäufe sind nicht jedermanns Sache, zumindest unter den klassischen (deutschen) Aktionären. Die Welle an Rückkäufen schwappt seit Jahren und Jahrzehnten immer wieder von drüben, von den USA, zu uns herüber. Ein Grund, weshalb der Autor sich auch hier auf Cashkurs schon einige Male kritisch mit diesem Thema auseinandergesetzt hat ( vgl. Cashkurs vom 10.05.2017 "Fragen zum Aktienrückkauf der Deutschen Börse" und vom 14.03.2017 "Aktienrückkäufe immer kritisch betrachten").

Sehr vorsichtige Prognose

Nun, Linde ist jetzt wirklich ein ganz besonderer Fall von Aktienrückkauf, was natürlich mit dem Zusammenschluss mit Praxair Inc. zusammenhängt. Schließlich flossen aus den kartellrechtlich verfügten Desinvestitionen rund neun Mrd. Dollar zu. Und das war auch in meinen früheren Ausführungen ein Grund dafür, zumindest ein gewisses Verständnis für solche Rückkaufaktionen aufzubringen (obwohl wir hierzulande im Rahmen unserer sicher noch etwas unterentwickelten Aktienkultur doch eher dazu tendieren, aus Sondererträgen auch Sonderausschüttungen zu machen, also den Aktionären einen satten Bonus zukommen zu lassen).

Ähnlich heißt es auch bei meinen alten Kollegen von der Börsen-Zeitung: "Eine Sonderdividende aus den Verkäufen der Konzernteile käme bei den Aktionären bestimmt gut an und gäbe dem Börsenkurs vielleicht mehr Schwung."

Andere Stellungnahmen zu dem Zusammengehen mit Praxair bzw. zu dem umfangreichen Aktienrückkauf sind dementsprechend auch ausgesprochen vorsichtig. In einer ersten Analyse von Independent Research zu dem Vorgang heißt es:

"Die milliardenschweren Aktienrückkaufprogramme können eigenen Erachtens aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Management noch keine Strategie für den fusionierten Konzern vorgelegt hat. Sowohl konjunkturelle Faktoren (Frühindikatoren signalisieren Wachstumsverlangsamung) als auch die unterschiedlichen Unternehmenskulturen (Integration) sind unseres Erachtens Risikofaktoren für das Synergieziel ...Unter Berücksichtigung der Gemengelage lautet unser Votum für die Linde plc-Aktie (…) nach wie vor halten mit einem Kursziel von unverändert 146 Euro."

Für 2018 und 2019 wird eine Dividende je Aktie von 3,30 und 3,40 Euro erwartet, nach 3,15 Euro für 2017.

Kurzfristig Spekulationen auf einen höheren Kurs?

Ein anderer Linde-Kenner (und Informant aus meiner 50-jährigen Journalistentätigkeit) sieht in der Fusions mit Praxair keinen Anreiz für Linde-Aktionäre. Er weist darauf hin, dass in zwei Jahren der Vertrag von Linde AR-Chef Reitzle ausläuft. Dann könne kein Linde-Mann dem aggressiven Kosteneinsparungsprogramm der Praxair-Truppe gegenhalten.

Reihenweise würden Mitarbeiter aus Europa weglaufen, auch Kunden. Air Liquide werde sich freuen. Linde hätte besser Schulden zurückgezahlt. Davon hätten sie ja noch genug. (…) Er sieht mittelfristig kein Upside bei der Aktie, vielleicht kurzfristig Spekulationen auf einen höheren Kurs. "Ohne mich".

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